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Ein Erfahrungsbericht im Zeichen von rechter Gewalt, Hass und Kriminalität
Petra Moser | 25.10.2021

 

 

 

Ein Erfahrungsbericht im Zeichen von rechter Gewalt, Hass und Kriminalität – Philip Schlaffer hautnah

 

„Hat er das wirklich gemacht oder hat er das nur erfunden? Das klingt doch alles wie in einem bösen Märchen“, fragte ein Schüler unserer Mittelschule Neustadt am Moos einen Jugendreferenten der ejott am vergangenen Dienstag ganz erstaunt nach dem Vortrag von Philip Schlaffer in unserer Turnhalle.

„Ja, das ist alles wirklich so passiert“, antwortete mein Kollege.

 

Rechtsextremismus, Rockerclub und Rotlichtmilieu – das sind Stationen im früheren Leben von Philip Schlaffer.

Unsere Mittelschule, die den Titel Schule ohne Rassismus/Schule mit Courage trägt und sich aktiv gegen Rassismus ausspricht und engagiert, konnte den Aussteiger aus der deutschen Neonazi-Szene für einen Vortrag am 19.Oktober 2021 für die beiden 8. und vier 9. Klassen gewinnen.

In der Woche vom 18. bis 22. Oktober 2021 war Philip Schlaffer zu Gast im Coburger Land und gab dort an mehreren Schulen Workshops und hielt Vorträge darüber, wie und warum er in die rechte Szene abgerutscht ist, aber auch wie er es geschafft hat, sich davon loszusagen. Er erklärte auch, wie rechte Radikalisierung funktioniert und wie Hass zu Gewalt führt.

 

Sehr aufrichtig und erschütternd erzählte uns Philip Schlaffer seine Lebensgeschichte, um unsere Schülerschaft über Extremismus aufzuklären und eindringlich davor zu warnen.

Dabei ging er mit seiner Vergangenheit sehr offen um. Vor der Schülerschaft sprach er über die dunklen Kapitel seiner Vergangenheit: seine Zeit als Neonazi, über Messerstechereien, illegale Geschäfte, Körperverletzung und über insgesamt drei Jahre im Gefängnis.

 

„Wie und warum ist es denn so weit gekommen?“, wollten unsere Schülerinnen und Schüler interessiert, aber auch schockiert wissen:

Anfang der neunziger Jahre fühlte sich der Jugendliche Philip Schlaffer nirgendwo zugehörig, fand weder zu Hause noch in der Schule Halt. Er wurde gewalttätig und kriminell und fand Anschluss bei den falschen Leuten. Die gewalttätige Neonazi-Szene gab ihm das Gefühl, endlich irgendwo dazuzugehören und Anerkennung zu erfahren – der Beginn einer schnellen Radikalisierung im Zeichen von Ausländerhass, Nationalismus und Verehrung des „Dritten Reichs“.

 

Später gründete Schlaffer die rechtsradikale „Kameradschaft Werwölfe Wismar“ und vertrieb Rechtsrock im Internet. Alkohol, Gewalt gegen „Fremde“ und Auseinandersetzungen mit der Polizei prägten seinen Alltag. Dort fand er, was er so dringend suchte: Anerkennung.

 

Weiter ging Schlaffers kriminelle Karriere als Anführer des berüchtigten Rockerclubs „Schwarze Schar Wismar“, der Drogenhandel und Prostitution betrieb. Immer wieder hatte er polizeiliche Hausdurchsuchungen und stand vor Gericht.

Schließlich verbüßte er eine Haftstrafe für unerlaubten Handel mit Betäubungsmittel in der Justizvollzugsanstalt Stralsund. Dort gelang Schlaffer mit psychologischer und seelsorgerischer Hilfe der Ausstieg aus Kriminalität und Extremismus.

Er beschloss, sein altes Leben hinter sich zu lassen und sich aktiv gegen Hass, Gewalt und Fremdenfeindlichkeit einzusetzen.

 

Heute arbeitet Philip Schlaffer als Anti-Gewalt- und Deradikalisierungstrainer und engagiert sich in der Extremismusprävention. Er organisiert Präventionskurse an Schulen und hilft dabei, Radikalisierung zu verhindern und Menschen vor einem Leben in einer radikalen Welt zu bewahren.

 

Unsere Schülerinnen und Schüler zeigten sich sehr fasziniert und beeindruckt von Schlaffers Persönlichkeit. Sie gewannen Anhand der lebhaften Darstellung seines Lebenslaufes viele und teils schockierende Erkenntnisse.

Sein Vortrag war nicht nur mitreißend und authentisch, sondern regte unsere Schülerschaft zum Nachdenken an.

Nach dem Vortrag hatte unser gefesseltes Publikum noch die Gelegenheit, Fragen an Herrn Schlaffer zu richten. Bereitwillig beantwortete er diese, auch wenn sie unbequem, kritisch oder auch sehr persönlich waren.

Insgesamt war die Veranstaltung ein besonderes Erlebnis für alle Beteiligten. Die circa 110 Jugendlichen aus der 8. Und 9. Jahrgangsstufe reflektierten das Event als gewinnbringend und sprachen sich für weitere Projekte dieser Art an unserer Schule aus.

 

Die Mittelschule Neustadt Am Moos bedankt sich herzlich bei Herrn Schlaffer sowie den Förderern dieser Vortragsreihe. Die Veranstaltung wurde vom BDKJ Regionalverband Coburg, dem Jugendschutz Coburg und den Koordinierungs- und Fachstellen der Partnerschaften für Demokratie in Stadt & Landkreis Coburg ermöglicht.

 

Petra Moser, Jugendreferentin der ejott

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Petra Moser

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